Gelegentlich erhalte ich Mails mit kuriosem Inhalt. Das geht von "Das Biasadapter funktioniert nicht" bis hin zu: "Meine guten und wertvollen EL 34 M von Marshall sind kaputt gegangen, das liegt an dem Adapter. Kriege ich die Röhren jetzt ersetzt?" Dazu erst einmal folgendes: Marshall, Fender und andere Hersteller haben nie eigene Röhren gebaut sondern irgendwelche Produktionen von Tesla, JJ oder sonst irgendwelche andere Röhren umgestempelt. Das nennt man Relabeling! Und diese Dinger haben die meisten Firmen auch nur bis Anfang der Neunziger in ihren Amps verbaut. Zumindest Marshall!!! Also sind diese Teile schon wenigstens dreißig Jahre alt. Antwort: "Da ist mit dem "Biasing" offensichtlich was falsch gelaufen und dreißig Jahre alte Röhren ersetze ich grundsätzlich nicht". Das war wohl ganz klar ein Abzock-Versuch; ich habe da nie wieder was von gehört! Oder: "Wir betreiben ein Tonstudio und das Adapter funktioniert nicht. Ich glaube nicht, das wir zu dumm sind". Tja, ich habe dann darauf hingewiesen, dass man sich doch an die mehrseitige Bedienungsanleitung halten sollte und dann habe ich da auch nie wieder was von gehört. Diese Jungs haben sich wahrscheinlich selber überschätzt, weil die ein paar Effektgeräte mit einem Mischpult verbinden können und sich somit für "Elektronikspezialisten" hielten. Aber wenn man den Unterschied zwischen Strom und Spannung nicht kennt und dann auch noch die Bedienungsanleitung völlig ignoriert, dann wird es lausig heikel! Da kann es dann auch schon mal knallen! Die Endstufen arbeiten quasi als Konstantstromquelle und werden per Gittervorspannung (Bias) im Zaum gehalten. Ist der Bias allerdings viel zu hoch eingestellt, glühen die Röhren gut auf (Anodenblech, was man von außen sieht) und die sind sofort was für die Tonne oder die Lebensdauer ist dann im günstigsten Fall nicht mehr die vorgesehene. Um das alles zu verhindern, sollte man natürlich mit den alten Röhren den Bias messen und dann selbigen ganz runter drehen. Schließlich weiß man heutzutage nie, was man da an neuen Röhren bekommt. Einige Anbieter (selbst namhafte) sind mittlerweile so dreist geworden, die verkaufen den letzten Mist als Gold, da kann alles vorkommen!!! Je nachdem wo man bestellt hat..... Ich erwähne das, weil ich einmal Röhren erhielt, damit war eine gewissenhafte Biasjustage nicht möglich, ich bekam den erforderlichen Strom einfach nicht eingestell. Und da das ein Notfall war und der Amp unbedingt so schnell wie möglich wieder am Start sein sollte, musste ich das Netzteil für die Gittervorspannung modifizieren. Die Vorspannung musste also etwas positiver werden, da die neuen Röhren den Soll-Bias selbst mit voll aufgedrehtem Bias-Trimmer nicht erreichten. Setze ich nun hier beim nächsten mal Röhren mit exaktem Datenblatt ein, werden die fürchterlich aufglühen. Deshalb den Bias mit neuen Röhren vor dem Biasing immer auf maximale, negative Vorspannung einstellen. Gegebenenfalls muss eine eventuelle Modifikation des Vorspannungsnetzteils wieder rückgängig gemacht werden. Aber am besten ist es, bei so einem Theater die "neuen Röhren" wieder zurück zu schicken und "vernünftige" Röhren zu verlangen. Und dem Verkäufer am besten noch ein paar Sprüche reinkloppen und fragen, warum er denn so einen Mist überhaupt verschickt. Je häufiger Reklamationen dahingehend eintreffen, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, das der Vogel sowas nicht mehr verschickt. Mit einem Röhrentester kann ich aber Blindgänger im Vorfeld entlarven. Das erspart natürlich einiges an Arbeit.
Sollten die neuen Röhren nachweislich jedoch völlig in Ordnung sein, aber eine Justage des Biasstroms trotzdem nicht möglich ist, kann das auch am Biastrimmer liegen. Es gibt Schaltungen die auch sehr verbreitet sind, die lassen im Fehlerfall sogar die Röhre hochgehen. Das sollte natürlich auf gar keinen Fall passieren. Diese unselige Schaltung ist unten in Bild 1 zu sehen. Hängt der Schleifer des Trimmers wegen eines Defekts in der Luft, sieht das Gitter nur noch positive Spannung und die Röhren gehen kaputt.
In Bild 2 ist eine Möglichkeit zu sehen, die Schaltung nach Bild 1 ohne großen Aufwand nachzurüsten, um im Fehlerfall eine Katastrophe zu verhindern. Bild 3 zeigt eine Schaltungskonfiguration die absolute Sicherheit im Fehlerfall bietet. Sollte der Trimmer defekt sein und dessen Schleifer z.B. in der Luft hängen, liegen die Röhren mit ihren Steuergittern an maximale negative Spannung und können somit nicht "übersteuert" werden.
Allerdings ist kein Amp, trotz minimal eingestelltem Biasstrom, vor uralten Röhren im Fehlerfall der Röhren geschützt. Wenn der "Oldie" z.B. einen Schluss in alle Himmelsrichtungen aufweist. Die Röhre knallt einmal kräftig und schon ist es passiert......
So auch einmal mit meinem Röhrentester passiert, der so um 2013 gebaut wurde und immer zuverlässig seinen Dienst verrichtete! Die uralte Röhre im Testsockel blitzte blau auf und knallte dabei kurz und kräftig und dann ging nichts mehr. Folge: Hochspannungsnetzteil als auch das Netzteil für die Gitterspannung waren in den Halbleiterhimmel aufgefahren. Extrem ärgerlich! Noch ärgerlicher: Der Typ mit seinen kaputten Gammelröhren behauptete doch ganz frech, mein Röhrentester hätte seine "NOS-Röhre" geschrottet. Noch abgebrühter geht es nicht mehr! Tja, der kann in Zukunft mit seinen Müll woanders hinmarschieren.... Zumal die 20 Röhren mit etlichen verschiedenen Fabrikaten aus dem letzten Jahrtausend der 50´er und 60´er Jahren in seiner Grabbelkiste angeblich gematched waren. Tja, mit dem Mann stimmte wohl was nicht..... offensichtlich zuviel geraucht.
Sollte es trotz all meiner Bemühungen, sprich Ausführungen hier auf dieser Website doch mal jemand unlösbare Probleme haben, oder wenn jemand generell noch Fragen zu dem Thema hat, einfach Frage(n) an unten stehende Mail-Adresse schicken. Ich beantworte alles!!!
Kontakt:
Bernd Lohrum
dr.lapphengst@gmx.de